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... und da soll einer die Munggen verstehen

Es ist ruhig, fast schon verdächtig still auf meiner Wanderung Richtung Stelli. Es ist, als würde etwas fehlen. Ach ja, das Gebimmel der Kuhglocken. Natürlich, denn der Alpsommer ist vorbei. Selbst unser manchmal so laut tobender Bergbach scheint nah am Einschlafen zu sein und plätschert nur noch leise vor sich hin. Doch das allein ist es nicht, es fehlt noch etwas Anderes, und plötzlich wird mir bewusst was es ist: Das Pfeifen der Munggen. Ich kenne fast jede Stelle, von welcher sie jeweils ihre Warnpfiffe in die Welt hinausposaunen, bevor sie in ihren Löchern verschwinden. Aber heute bleibt es still. Wo sie wohl sein mögen? Doch nicht etwa schon im Winterschlaf? Das kann ich mir kaum vorstellen. Wer jetzt schläft, dem ist wohl kaum bewusst was er verpasst. Die weissgezuckerten Gipfel, die goldfarbenen Alpweiden, die roten Heidelbeerstauden, ein paar Edelweiss zwischen den Felsen, der kitschig blaue Himmel, die Lärchen ums Heimeli, welche sich allmählich goldgelb färben… es ist Herbstzauberzeit. Immer wieder zücke ich mein Handy und versuche die Schönheiten der Natur einzufangen, wohlweisslich, dass das kaum möglich sein wird.

Doch zurück zu den Munggen; wo sind sie? Vor 10 Tagen waren Sie noch da. Liessen sie sich tatsächlich von dem bisschen Schnee der letzten Woche vertreiben? Nichtsahnend, was sie alles verpassen würden? Ich erinnere mich an meine letzten Schitouren im April zurück. Es lag noch sehr viel Schnee, erst ein paar braune Flecken kündeten den nahenden Frühling an. Aber die Munggen waren längst aus ihrem Winterschlaf aufgewacht. Bereits Ende März tummelten sie zwischen trostlosem Braun und wüstensandverschmiertem Schnee herum. Aber jetzt, wo die Natur einfach nur zauberhaft ist, schlafen sie. Verschlafen den farbenfrohen Herbst. Das soll einer verstehen. Ich setze mich mitten in die roten Heidelbeerstauden, geniesse ein paar Beeren und denke über die Munggen nach. Ob Munggen Heidelbeeren mögen? Wenn ja, Pech, denn dann verpassen sie auch diese. Sie sind herrlich, die Heidelbeeren. «Mungga, an eurer Stelle würde ich künftig lieber später schlafen gehen und den Herbst jeweils noch ein bisschen geniessen. Versinkt nicht zu früh im Winterschlaf! Ihr ahnt ja nicht, was ihr alles verpasst.» Das würde ich übrigens auch unseren Gästen anraten.

    

 

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