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Die Brückenbauer und die Macht des Wildbachs

Zugegeben, bei 4 Jahren Heimelizeit ist es nicht angebracht, von einer grossen Erfahrung mit dem Leben unseres Wildbachs und dessen Kapriolen zu sprechen. Aber so viel habe ich in dieser Zeit gelernt – er macht, was er will, unser Hauptertällibach, auch mit den Brücken, die dazu dienen sollten, ihn zu überqueren. Er sucht sich seinen Weg, grad wie es ihm gefällt. Dass keine Absicht dahintersteckt uns damit zu ärgern, weiss ich, aber manchmal könnte man es meinen. Kaum ist eine Brücke so richtig gut und solide gebaut, schon spielt die Laune unseres Bergbaches wieder verrückt, er ändert seine Wanderpläne, so mir nichts dir nichts, und sucht sich einen neuen Weg hinunter Richtung Chüpfen. Was zur Folge hat, dass die wunderschöne Brücke nun auf dem Trockenen liegt. Wie hingestellt, um dann irgendwann noch richtig platziert zu werden. Aber dann, eines Abends tobt ein Gewitter, wie ich es hier oben noch selten erlebt habe, und am Morgen danach ist die Brücke so platziert, dass jeder Wanderer denken musste, die Brückenbauer hätten wohl vor ihrer Arbeit, im Heimeli droben, zu tief ins Glas geschaut. Der Bach führt links und rechts an der Brücke vorbei. Die Brücke ist weder von der einen, noch von der anderen Seite erreichbar und somit eigentlich gar keine Brücke mehr, oder höchstens eine ohne Sinn und Zweck – sinnlos, zwecklos. Zwei Unwetter später sieht die Sache schon wieder ganz anders aus. Die Brücke ist wieder erreichbar, endet jedoch auf einem Baumstamm mitten im Getöse unseres Bergbachs. Über den Baumstamm ist zwar ein «Rüberkriechen» auf die andere Seite möglich, aber ungefährlich ist das nicht. 20 Meter weiter oben gibt es zwischenzeitlich jedoch eine neue Brücke. Mehr Brett als Brücke zwar, aber auf jeden Fall weniger gefährlich als die untere Variante, denke ich. Ohne über die vergangene Nacht und darüber, dass wir Minustemperaturen hatten nachzudenken, marschiere ich los und lande, eh ich’s versehe, auf dem Rücken. Meine Füsse sind im Wasser Richtung Chüpfen, mein Kopf knapp über dem Wasser Richtung Haupt und ich einfach nur dankbar, dass ich noch zumindest teilweise auf der Brücke liege. Ich rapple mich hoch, ärgere mich, dass ich nicht daran gedacht habe, dass das Brett mit einer hauchdünnen Eisschicht, natürlich unsichtbar, bedeckt sein könnte, bringe mich in «Kriechposition» und komme dann, doch noch sicher, auf der anderen Seite des Baches an. Glück gehabt. Eigentlich wollen wir, René und ich nur ein paar Alpenrosen für unsere Tische auf der Terrasse holen. Nichts Gefährliches, nur mal kurz auf die andere Seite des Baches. Nun, beim Rückweg wissen wir es besser – wir kriechen von Anfang an. Zwischenzeitlich ist die Sonne aufgegangen, die Eisschicht hat sich fast gänzlich aufgelöst, aber wir kriechen trotzdem.

               

Vor knapp zwei Wochen, wir realisieren, dass die ersten Wanderer, welche von Medergen kommen, den Bach nicht überqueren können, bringt René provisorisch das Brett des Vorjahres zur Bachüberquerung an. Wir wissen beide, ganz so toll ist das nicht, aber wer weiss schon, wann das nächste Unwetter uns dazu zwingt erneut über die Brückensituation nachzudenken.

Aber dann, ein paar Tage später, kommen die richtigen Brückenbauer und machen sich ans Werk. Sie verlängern kurzerhand die alte Brücke, die im Wasser auf einem Baumstamm endet, an und es entsteht eine richtig coole, solide, lange Brücke. Ich würde sagen eine, die eine Wanderung ins Heimeli, mit Bachüberquerung, wert ist.

«Brückenbauer wir danken euch!»

«Und, Hauptertällibach – wir bitten dich, ärgere uns nicht wieder, lass die Brücke stehen wo sie ist und wähle den Weg unter ihr hindurch, so wie es sein sollte… das wäre doch auch für dich das Einfachste, oder zumindest mal was Anderes!»

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